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des. Dazu kam für Erfurt noch ein Nachlassen des Handels und eine zu wenig sparsame Hauswirtschaft des Rates, der trotz der ungünstige Lage der Stadt noch teure Feste feierte (f. Nr. 36). 1509 betrug die Schuldenlast der Stadt annähernd 600 000 Gulden, eine für damals geradezu gewaltige Summe, welche fast die ganze Einnahme als Zins an 509 Gläubiger verschlang. Es kam soweit, daß sich kein Bürger mehr ohne Gefahr für seine persönliche Freiheit in einer benachbarten Stadt sehen lassen durfte; denn nach der Sitte der damaligen Zeit suchte der Gläubiger sich der Person einzelner Bürger zu sichern, um Zahlung der Zinsen zu erlangen. Zwar versuchte der Rat durch alle möglichen Mittel, der dringendsten Not abzuhelfen; so schickte er z. B. seinen Vertretern wiederholt Füßchen Bier, um beschwichtigend auf die Gläubiger einwirken zu lassen. Doch sein Tun war vergebens. Die kleinen Mittel versagten. Er sah sich gezwungen, dem Vorschlage eines Mitgliedes zu folgen und ein Amt zu versetzen: Ka--pellendorf wurde für 8000 Gulden an Kursachsen abgegeben.
Das tolle Jahr: Waren vorher die Bürger schon erbittert
gewesen, so gab dieser Schritt, als er bekannt wurde, das Zeichen zur allgemeinen Empörung. Um sie zu dämpfen, beschloß der Rat, nachdem er vergeblich mit einigen ihm freundlich gesinnten Bürgern und den Vormunden der Viertel und Handwerke geredet hatte, der Bürgerschaft die Lage der Sache zu eröffnen. Er berief darum auf den 8. Juni 1509, den Tag nach dem Fronleichnamsfeste, die Vormundei) aufs Rathaus. Doch erschienen mit ihnen wohl an 100 andere Personen, meist Angehörige des kleinen Hand. Werks und der Vorstädte und verlangten als erstes eine Vertretung im Rat. Außerdem forderten sie das Recht, die Eyriaks-bnrg und die Mauern und Tore der Stadt zu besetzen; ferner begehrten sie freies Versammlungsrecht und die Befugnis, Aufsicht zu üben und die Rechnungen zu prüfen. Wohl oder übel mußte der Rat die Forderungen bewilligen. Er bestellte aber die Vormunde der Viertel und Handwerke auf den folgenden Tag noch einmal allein aufs Rathaus. Doch die inzwischen von der Gemeine „Erwählten" erschienen mit, um deren Recht zu fordern. Es kam zu einer stürmischen Auseinandersetzung. Unter lautem
s* Stadt war eingeteilt in 4 Stadtviertel: Mariae, Andreae, Johannis
und -Jitit- ^edes Viertel bestand wieder aus mehreren Spezialgemeinden (Pfarren) Sie waren die unterste Einheit der städtischen Verwaltung. An ihrer Spitze standen em Ober- und em Unterpfarrhauptmann als Vormunde und ein Kollegium r’0i Jevren' äufstwtnengefefct aus den früheren Hauptleuten, die wiederum jährlich aus ihrer Mitte die Vormunde wählten. — Auch die Zünfte hatten zwei "^ormunde; außerdem standen ein Aeltestenkollegium und eine Aufsichtsbehörde, dre Ucntmanner, an ihrer Spitze. — Je ein Vormund der Viertel und der Zünfte ••Lrln ' der das Jahr zuvor gesessen hatte, gewählt; selbstverständlich wählte man nur einen, der von den Vierteln und Handwerken zuvor rm Rate gesessen hatte. Nur die Schmiede hatten das Recht', beide Vormunde frei zu wagten.
8*
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Mariae Andreae Johannis
36
9. Der Sturz Tassilos.
ihm gegen Karl keine Hilfe geschickt. Sicher beglaubigt aber sind die Reibereien zwischen dem herzoglichen Hose und den fränkisch gesinnten Mitgliedern des höheren Klerus, namentlich dem Bischof Arbeo von Freising.
Sein Nachfolger aus dem bischöflichen Stuhl von Freising hat später nach der Katastrophe von 788 den Schleier etwas gelüstet: „Tassilo und seine Gemahlin Liutbirga hätten der Freisinger Kirche viele Gotteshäuser entzogen aus Unwillen über den Bischos Arbeo, den sie beschuldigten, daß er dem König Karl und den Franken treuer sei als ihnen." Der Grund lag tiefer. Als Ausfluß des germanischen Begriffes vom Eigentum an Grund und Boden hatte sich in Bayern das Eigenkirchensystem, das Eigentum des Grundherrn an den von ihm gegründeten Kirchen, herausgebildet und im Zusammenhang damit das Recht den Vorstand der Kirche zu bestellen. Bischof Arbeo von Freising suchte dieses Eigenkirchensystem zu zerstören und der alten kirchenrechtlichen Anschauung, daß die Bischöfe Eigentümer des gesamten Kirchenvermögens ihrer Diözese seien, Geltung zu verschaffen. Der Bischof zwang die Eigenkirchenpriester die Kirchen an die Kathedralkirche zu übertragen. Auch die Grundherren selbst wurden veranlaßt ihre Eigenkirchen an die Kathedralkirche zu schenken. In vielen Fällen wurde das Ziel erreicht. Schwieriger war der Kamps gegen die Klöster. Die Bischöfe forderten Übergabe auch der klösterlichen Eigenkirchen in das bischöfliche Eigentum. Sie forderten von den Mönchen namentlich Herausgabe der öffentlichen Kirchen und Eiustelluug [ihrer Seelsorgetätigkeit. Die Bischöse suchten und fanden in dem Streite eine Stütze im Frankenreich, die Klöster suchten und fanden einen Rückhalt an der heimischen Dynastie. Darüber kam es bei der politischen Spannung zu einem schweren Konflikt. Die bischöfliche Partei beschuldigte den Herzog, namentlich aber die Herzogin Liutbirga der Feindseligkeit gegen die Bischöfe, der Begünstigung der Klöster. Das herzogliche Haus beschuldigte deu Bischof von Freising fränkischer Gesinnung.
Es kam ebenso zu Reibereien zwischen dem Herzog und den ins fränkische Interesse gezogenen, dem Herzog zu Aufseheru gegebenen königlichen Vasallen in Bayern. Das ist nicht bloß zu schließen aus der warmen Fürsorge, mit der Karl deren Interesse gegen das Herzogtum im Jahre 781 vertrat, sondern auch aus den späteren Ereignissen des Jahres 788. Vermutlich strebten diese Vasallen eine Stellung außer oder über der bayerischen Stammesverfassung an und wurden in diesem Bestreben von den Franken ermuntert, die sichtlich ihre Aufgabe nicht in einer Versöhnung, sondern in einer Verschärfung der Gegensätze erblickten.
Zugleich scheint die Forderung unbedingter Heeresfolge auf den Widerstand des Herzogs gestoßen zu sein, dessen Interessen wie früher so auch damals auf dem avarisch-slavischen Kriegsschauplätze im Südosten lagen. Unter diesen Verhältnissen ist es begreiflich, daß sich Tassilo zu Äußerungen hinreißen ließ: selbst wenn er zehn Söhne hätte, würde er sie lieber opfern
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Extrahierte Personennamen: Tassilos Karl Karl Karl Karl Arbeo_von_Freising Karl Karl Tassilo Tassilo
— 127 —
Bücher einzutragen. In jedem Jahre werden die Bücher eingesehen und
die Gelder der Stadt nachgezählt, ob auch alles in Ordnung ist. Eine be-
stimmte Zahl vou Ausgaben kehrt in jedem Jahre wieder; es sind die fest-
stehenden oder laufenden Ausgaben. Außerdem aber gibt es noch besondere
Ausgaben, die für Neuanlagen von Straßen, für Neubauten usw. aus-
gegeben werden müssen; es sind die außerordentlichen Ausgaben. Bis zum
Oktober jedes Jahres macht die Obrigkeit eine Gesamtanfstellnng der
laufenden und außergewöhnlichen Ausgaben und Einnahmen. Diese Auf-
stellung nennt man den Gemeindehaushaltsplan. Aus ihm können die
Stadtverordneten und die Bürger der Stadt ersehen, wieviel Geld einge-
nommen wird, wieviel davon wieder verausgabt werden muß und für
welche Zwecke dies geschieht.
Für die Armen, Waisen und Witwen der Gemeinde sorgt die Stadt-
gemeinde auch. Aus einem besonderen Bestand erhalten sie Unterstützungen
an Geld, Kleiduug oder Lebensmitteln. Dies Geld ist in der Armenkasse
vorhanden. Im Jahre 1906 hatte sie einen Bestand von 87 591,63 Mark.
Reiche, wohltätige Leute haben zur Unterstützung armer oder in Not
geratener Bürger der Stadt größere Geldgeschenke vermacht. Diese
Schenkungen nennt man Stiftungen. Die Summe der wohltätigen
Stiftungen beträgt in Gütersloh 26 006 Mark.
Welche Summen nnsre Stadt für allerlei nötige, nützliche und gesund-
heitliche Zwecke in einer Reihe von Jahren ausgegeben hat, erkennen wir
aus folgender Ubersicht.
Städtische Ausgaben.
Die Uuterhaltuug der städtischen Gebäude kostete von
1896 bis 1906 ..........................17 792,84 Jl
Für Pflasterung und Entwässerung der städtischen Straßen
wurden von 1896 bis 1906 bezahlt............134 636,46 „
Für Unterhaltung des Straßenpflasters, der nicht
chanssierten Wege, der Brunnen und Gräben wurden
von 1896 bis 1906 ausgegeben..............24 863,51 „
Die Anlage der Bürgersteige von 1897 bis 1907 erforderte
die Summe von...............35 087,58 „
An Armenunterstützung wurden von 1887 bis 1906 bezahlt 118 031,— „
Die Verpflegung der Waisenkinder kostete..........27 628,— „
Für Geisteskranke und Schwachsinnige betrugen die Aus-
gaben von 1887 bis 1906 ..................27 405,_
Die Errichtung der städtischen Entseuchungsanstalt kostete 4 823,32
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Preußen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Hauptbestimmungen der Verfassung vom 31. Januar 1850.
469
Nissen des Staates ohne Gefährdung des öffentlichen Wohles nicht geschmä* lert werden darf.
So kam denn in Folge jener Revisionsarbeiten die Verfassungs-Urkunde vom 31. Januar 1850 zu Stande.
Die Verfassung handelt im Titel I vom Staatsgebiete, — Ii von den Rechten der Preußen, — Iii vom Könige, — Iv von den Ministern, — V von den Kammern, — Vi von der richterlichen Gewalt, — Vii von den nicht zum Richterstande gehörigen Beamten, — Viii von den Finanzen, — Ix von den Gemeinden, Kreis-, Bezirks- und Provinzial-Verbänden, — dann folgen noch allgemeine und Übergangsbestimmungen.
Wir stellen die wesentlichsten Bestimmungen der Verfassung kurz zusammen:
In dem Abschnitte „von den Rechten der Preußen" wird zunächst die Gleichheit vor dem bürgerlichen Gesetze verbürgt. Artikel 4: „Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte fmden nicht statt. Die öffentlichen Aemter sind unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen für alle dazu Befähigten gleich zugänglich." , ,
„Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Vererm-gung zu Religionsgesellschaften und der gemeinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung ist gewährleistet. Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen." (Art. 12.)
Der christliche Charakter des preußischen Staates. Ar» tikel 14: „Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen, welche mit der Religionsübung im Zusammenhange stehen, unbeschadet der im Artikel 12 gewährleisteten Religionsfreiheit zum Grunde gelegt."
Die Selbstständigkeit der Kirche. Art. 15: „Die evangelische und die römisch-katholische Kirche, sowie jede andere Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig und bleibt im Besitze und Genusse der für ihre Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds."
Die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung und Fürsorge des Staates fürdie allgemeine Volksbildung. Artikel 20: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei." — Art. 21: „Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden. Aeltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder und Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentliche Volksschule vorgeschrieben ist." Art. 24: „Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen. Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die betreffenden Religionsgesell-schasten."
Die Preßfreiheit. Art. 27: „Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern. Die Censur darf nicht eingeführt werden, jede andere Beschränkung der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung."
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
6 l. Der Kulturkampf
§ 8. Die Staatsprüfung hat nach zurückgelegtem theologischem Studium statt. Zu derselben darf nur zugelassen werden, wer den Vorschriften dieses Gesetzes über die Gymnasialbildung und theologische Vorbildung vollständig genügt hat. Die Prüfung ist öffentlich und wird darauf gerichtet, ob der Kandidat sich die für feinen Beruf erforderliche allgemeine wissenschaftliche Bildung, insbesondere auf dem Gebiete der Philosophie, der Geschichte und der deutschen Literatur erworben habe. Der Minister der geistlichen Angelegenheiten trifft die näheren Anordnungen über die Prüfung.
§ 15. Die geistlichen Oberen sind verpflichtet, denjenigen Kandidaten, dem ein geistliches Rmt übertragen werden soll, dem Oberpräsidenten unter Bezeichnung des Amtes zu benennen. Dasselbe gilt bei Versetzung eines Geistlichen in ein anderes geistliches Amt oder bei Umwandlung einer widerruflichen Anstellung in eine dauernde. Innerhalb 30 Tagen nach der Benennung kann (Einspruch gegen die Anstellung erhoben werden. Die (Erhebung des (Einspruchs steht dem Dberpräsidenten zu.
§ 18. Jedes Pfarramt ist innerhalb eines Jahres vom Tagender Erledigung, wo gesetzlich oder observanzmäßig ein Gnadenjahr besteht, vom Tage der (Erleöigung der Pfrünöe an gerechnet, öauernö zu besetzen. Die Frist ist vom (Dberpräfiöenten im Falle des Beöürfniffes auf Antrag angemessen zu verlängern. Nach Ablauf der Frist ist der (Dberpräfiöent befugt, die tvieöerbefetzung der Stelle durch Gelöstrafen bis zum Betrage von 1000 Talern zu erzwingen. Die Androhung und Festsetzung der Strafe öarf wieöerholt rveröen, bis dem Gesetze genügt ist. Außeröem ist der Minister der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt, bis öahin Staatsmittel einzubehalten, welche zur Unterhaltung der Stelle oöer öesjenigen geistlichen Oberen öienen, der das Pfarramt zu besetzen oöer die Besetzung zu genehmigen hat.
§ 22. (Ein geistlicher Oberer, welcher Den §§ 1—3 zutoiöer ein geistliches Amt überträgt oöer die Übertragung genehmigt, wirö mit Gelö-strafe von 200 bis zu 1000 Talern bestraft. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher der Vorschrift des § 19 Absatz 1 zuwiöerhanöelt.
b) Gesetz über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des königlichen Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom \2. Mai 1873.
§ 1. Die kirchliche Disziplinargewalt über Kirchenötener öarf nur von öeutfchen kirchlichen Behöröen ausgeübt rveröen.
§ 2. Kirchliche Disziplinarstrafen, welche gegen die Freiheit oöer das vermögen gerichtet finö, öürfen nur nach Anhörung des Beschul-öigten verhängt weröen. Der (Entfernung aus dem Amte (Entlassung, Versetzung, Suspension, unfreiwillige (Emeritierung usw.) muß ein ge-orönetes prozessualisches Verfahren vorausgehen. 3n allen öiesenfällen ist die Lntscheiöung schriftlich unter Angabe der Gründe zu erlassen.
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Höhere Schule
Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Geschlecht (WdK): Jungen
g I. Der Kulturkampf
pflichten,- 2. weil dasselbe öffentliche Wahl- oder Stimmrechte in einer bestimmten Richtung ausgeübt ober nicht ausgeübt hat.
d) Gesetz über den Austritt aus der Kirche vom 14. Mai 1873.
§ 1. Der Austritt aus einer Kirche mit bürgerlicher Wirkung erfolgt durch Erklärung des Austretenben in Person vor dem Richter seines Wohnortes. Rücksichtlich des Übertrittes von einer Kirche zur anberen verbleibt es bei dem bestehenben Recht. Will jeboch der Übertretenbe von den Lasten seines bisherigen Verbandes befreit werben, so ist die in diesem Gesetz vorgeschriebene Form zu beobachten.
§ 2. Der Hufnahme der Austrittserflärung mutz ein hierauf gerichteter Antrag vorangehen. Derselbe ist durch den Richter dem Vorstande der Kirchengemeinde, welcher der Antragsteller angehört, ohne Verzug bekannt zu machen. Die Aufnahme der Austrittserklärung finbet nicht vor Ablauf von vier Wochen, und spätestens innerhalb sechs Wochen nach (Eingang des Antrages zu gerichtlichem Protokoll statt. Abschrift des Protokolls ist dem öorstanbe der Kirchengemeinde zuzustellen. (Eine Bescheinigung des Austritts ist dem Ausgetretenen auf verlangen zu erteilen.
6. Ungiiltigerflänmg der Maigesetze durch die päpstliche Enzyklika vom 5. Zebruar 1875.1
Um die Pflicht Unseres Amtes zu erfüllen, erklären wir durch dieses Schreiben ganz offen allen, welche es angeht, und dem ganzen katholischen (Erdkreise, daß jene Gesetze ungültig sind, da sie der göttlichen (Einrichtung der Kirche ganz und gar widerstreiten. Denn nicht die Mächtigen der (Erde hat der Herr den Bischöfen seiner Kirche vorgesetzt in den Dingen, welche den heiligen Dienst betreten, sondern den heiligen Petrus, dem er nicht bloß seine Lämmer, sondern auch seine Schafe zu weiden übertrug ßofj.21, 16, 17), und darum können auch von keiner noch so hochstehenden weltlichen Macht diejenigen ihres bischöflichen Amtes entsetzt werben, welche der heilige (Beist zu Bischöfen gesetzt hat, um die Kirche zu regieren (Apost. 20, 28).
hierzu kommt ferner folgender, eines edlen Volkes unwürdige Umstand. der auch, wie Wir meinen, selbst von unparteiischen Akatholiken verworfen werden muß. Diese Gesetze nämlich, welche in ihren strengen Strafbestimmungen mit harten Ahnbungen die nicht (Behorchenden be= brohen und zur Ausführung dieser Strafen die bewaffnete Macht bereit haben, bringen friedliche und unbewaffnete Bürger, welche um des Gewissens willen, wie die Gesetzgeber selbst wohl wissen konnten und nicht
1 hohn, Geschichte des Kulturkampfes, S. 165. — Über die Durchführung der Illaigesetze erfahren wir näheres aus Inajunke, Geschichte des Kulturkampfes, S. 411 und 414—415.
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§. 60. Die christliche Kirche.
309
die Dauer nicht zu widerstehen vermochte. Eine Provinz nach der andern ging verloren. Rom selbst wurde mehrere male erobert und ausgeplündert. (Teil Ii, §. 5).
Nomulus war Roms Gründer und erster König gewesen; ein Romulus Augustulus war der letzte weströmische Kaiser. Ihn stürzte Odoaker, ein Anführer deutscher Söldner, und bereitete dem weströmischen Reich 476 den Untergang, indem er eine germanische Herrschaft an seine Stelle setzte. Das oströmische Kaisertum erhielt sich länger; erst 1453 entrissen die vordringenden Türken dem letzten Konstantin sein Land und seine Hauptstadt.
§. 60. Die tfmftlmß üutfie.
Das Christentum hatte sich schon im ersten Jahrhundert über v alle Provinzen des römischen Weltreichs verbreitet, und die Verfolgungen trugen nur zur Vermehrung der christlichen Gemeinden bei. Wie sie an Zahl zunahmen, so befestigte sich allmählich auch die Kirche in Lehre, Verfassung und Gottesdienst (Kultus). Schon bei den ersten Gemeinden bestand das Amt des Wortes oder der Predigt, zu dessen Führung von den Aposteln unter Beirat der Gemeinden Ä l t e st e (Presbyter) bestellt und durch Handauflegen geweiht wurden. Neben ihnen besorgten sieben D iakonen (bei den Frauen Diakonissinnen) die Armen- und Krankenpflege, die jedoch auch an der Seelsorge teil nahmen und ebenfalls geweiht wurden. Bald wurde einem der Ältesten die Leitung und Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten übertragen und ihm der Titel Bischof beigelegt. Da demselben die Handhabung der Kirchenzucht und die Verwaltung des Gemeindevermögens oblag, so stieg seine Macht in kurzer Zeit bedeutend. Zn der Folge entwickelte sich der geistliche Stand aus den Gemeindegliedern, und man unterschied in der Christenheit Klerus und Laien. Auch in dem Verhältnis der Gemeinden zu einander bildete sich ein Unterschied aus, indem diejenigen, welche besonderes Ansehen genossen, oder von denen andere gegründet waren, allmählich ein Aufseherrecht über die übrigen erlangten; ihre Bischöfe erhoben sich zu Oberhirten der Gemeinden einer Provinz und übten dieses Amt durch Berufung der Bischöfe und Leitung der Versammlungen (Synoden) aus. Die angesehensten Bischöfe waren die zu Jerusalem, Antiochia, Alexandria und vorzüglich der zu Rom. Die Einheit in der Lehre der Kirche suchte man ebenfalls zu wahren und den Begriff der einen allgemeinen (katholischen) Kirche auch äußerlich durch Überein-
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Extrahierte Personennamen: Nomulus Roms_Gründer
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Antiochia Alexandria Rom
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29. Die Tempelhofer Fehde
Die Dörfer Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde und Rix-dorf, seit ungefähr 1198 im Besitz der Tempelritter, waren nach der Vernichtung dieses Ordens im Jahre 1316 dem ritterlichen Orden St. Johannis vom Hospital zu Jerusalem zugefallen. Die Verwaltung dieser Dörfer führte ein Komtur des Ordens, der auf dem „Tempelhof" an der Südseite dieses Dorfes — jedenfalls in der Nähe der uralten Kirche — seinen Sitz hatte.
Mit dem Johanniterorden gerieten nun die Städte Berlin und Cöllu im Jahre 1435 in eine heftige Fehde. Die Ursache waren Grenzstreitigkeiten. Die Grenzen von Tempelhof und Rixdorf stießen mit der Feldmark der cöllnischen Bürgervölker und Wiesen zusammen. Diese Grenznachbarschaft hatte schon häufig zu verschiedenen Mißhelligkeiten zwischen den streitlustigen • Bürgern und den kriegerischen Rittern Veranlassung gegeben, und es bedurfte daher nur noch des leisesten Anstoßes, um das glimmende Feuer der langjährigen Zwietracht zu hellen Flammen auflodern zu lassen.
Ein solcher Anstoß fand sich 1435. Nach uralter deutscher Sitte fanden nämlich nach Schluß der Ernte in jedem Jahre sogenannte Grenzbesichtigungen statt. Die junge Bürgerschaft zog, mit Armbrust und Hellebarde bewaffnet, unter Musik in Begleitung der in dem betreffenden Jahre gefirmelten Knaben nach den Grenzen der Stadt, wo sie von den Bürgermeistern und Ratmännern empfangen und die Greuze entlang geführt wurde. Die Knaben
erhielten bei deu Grenzsteinen zur Schärfung ihres Gedächtnisses
Ruten- und Backenstreiche und wurden an den Haaren gerauft,
darauf aber mit Kuchen und Leckereien bewirtet. Als nun bei
der Grenzbesichtigung zu Bartholomäi (24. August) 1435, zu welcher der Komtur aus Tempelhos, Nickel von Colditz, mit einigen Rittern ebenfalls erschienen war, die Wahrnehmung gemacht wurde, daß die Ordensleute in der Gegend des Johannistisches die Grenzsteine eigenmächtig verrückt hatten, gab sich über diesen Frevel an Ort und Stelle heftige Entrüstung bei den auf ihre Rechte stolzen Bürgern kund. Der Komtur erschien nicht minder verletzt und beschloß sogleich, mit Gewalt der Waffen seine bestrittenen Rechte zu behaupten. Er säumte nicht, seine streitbare Mannschaft durch Heranziehung von Mannschaften anderer Komtnreien zu
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Johannis August Nickel_von_Colditz
Extrahierte Ortsnamen: Mariendorf Marienfelde Jerusalem Berlin Tempelhof Rixdorf Ruten- Johannistisches
128
Gegen Fremde ist der Engländer zurückhaltend, und auf Reisen tritt nament-
lich der weniger gebildete Engländer anmaßend und barsch auf. Nichts ist
ihm gut genug, Alles tadelt er und in Allem tritt die eigene Persönlichkeit,
selbst zum Nachtheil der Mitreisenden, stark hervor. Ein besonderes Wohl-
gefallen haben die Engländer an den Wetten. Besonders stark zeigt sich
diese Neigung bei ihren Lieblingsspielen, dem Wettrennen und den Hahnen-
kämpfen. Das Boxen, der Faustkamps zur Wahrung der persönlichen Ehre,
ist den Engländern eigenthümlich und geschieht nach vorgeschriebenen Regeln.
Besondere Fertigkeit und Ausdauer sucht sich die Jugend im Rudern zu
erwerben.
Die herrschende Kirche ist die anglikanische oder bischöfliche (die engl.
Hochkirche), neben welcher alle übrigen Religionen und Sekten geduldet wer-
den. e/7 der Bevölkerung Irlands bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche.
Für die Volksbildung ist in England im Allgemeinen schlecht gesorgt; viele
Tausende wachsen ganz ohne Unterricht auf. Im Jahre 1844 gab es in
England noch über 1200 Dörfer ohne Schulen. Am besten ist der Volks-
unterricht in Schottland bestellt. Dagegen sind die höheren Lehranstalten
auf gutem Fuße, aber meist Privatunternehmungen ohne die Beaufsichtigung
des Staats. In vielen dieser Pensionsanstalten beschränkt sich der Unterricht
auf Rechnen, Schreiben und Latein; andere Anstalten haben bereits Mathe-
matik und Naturwissenschaften in ihren Lehrplan aufgenommen. Nur die 4
schottischen Universitäten Edinburg, Glasgow, Aberdeen und St. Andrews
sind ähnlich den deutschen eingerichtet; die in Oxford, Cambridge und Dublin
bestehen nur aus einer Anzahl von Anstalten, welche neben dem Unterrichte
den Studirenden auch Kost, Wohnung und Unterhalt bieten und besonderen
Stiftungen ihr Fortbestehen zu danken haben.
Die Verfassung Englands ist eine constitutionell-monarchische. An der
Spitze des Staates steht ein König oder eine Königin, indem die königliche
Würde auch in weiblicher Linie in England erblich ist. Ihm steht einzig
die vollziehende Gewalt zu; die gesetzgebende theilt er mit dem Parlament,
welches aus dem Ober- und Unterhaus besteht. Jenes nennt man auch das
Haus der Lords, dieses das Haus der Gemeinen. Das Oberhaus bilden
die Mitglieder des hohen Adels, die 23 englischen Erzbischöfe und Bischöfe
und 4 aus der Gesammtzahl der irländischen Erzbischöfe und Bischöfe; die
Zahl der Mitglieder des Oberhauses kann vom König zu jeder Zeit ver-
größert werden, weil er die erbliche Würde eines Peers verleihen kann.
Den Vorsitz im Oberhaus führt der Lord-Kanzler. Das Unterhaus ist aus
der direkten Wahl der Grundbesitzer in den Grafschaften, Städten und Flecken
zusammengesetzt. Es sitzen 658 Mitglieder darin. Wählen dürfen alle
Bürger, welche 21 Jahre alt sind, seit 12 Monaten ein liegendes Gut und
ein Einkommen von 10 Pf. Sterling haben oder eine Hausmicthe von glei-
chem Werthe bezahlen. Wählbar sind die englischen Bürger, welche das
21. Jahr zurückgelegt, ein reines Einkommen von 600 Pf. Sterling aus
eigenem Grundbesitz in den Grafschaften, und in den Städten re. eins von
300 Pf. haben; die Geistlichen und Sheriffs sind nicht wählbar. Vorsitzer
des Unterhauses ist der Sprecher; er wird von den Mitgliedern des Unter-
hauses nach der Stimmenmehrheit gewählt und vom König bestätigt. Das
Parlament hat die Staatsverwaltung zu beaufsichtigen, Gesetze zu berath-
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TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T62: [Insel Stadt Hafen England Hauptstadt Einw. See London Handel Schottland], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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